Tierwohl und artgerechte Haltung
Ein Beitrag von Gröön Schnack
Gastronomen, die sich über ihre Küche für mehr Tierwohl einsetzen möchten, sollten sich ein stabiles Netzwerk aus regionalen, landwirtschaftlichen Partnerbetrieben aufbauen und sich von Haltungsbedingungen selbst vor Ort ein Bild machen. Auch ist es hilfreich, für Kollegen und Gäste nachvollziehbare Kriterien für ihr Engagement zu definieren. Welche Standards müssen am Hof mindestens erfüllt werden, damit sie für die eigene Küche in Frage kommen? Für regionale Produkte stellen sich darüber hinaus die Fragen, welchen Anteil Lebensmittel aus der näheren Umgebung ausmachen und aus welchem Umkreis sie maximal kommen sollten. Die Antworten auf diese Fragen, helfen bei der Auswahl passender Partnerbetriebe und bieten auch den Gästen die Chance, die Auslobung tierfreundlicher Lebensmittel und einer Regionalküche ernsthaft nachzuvollziehen. Das wiederum stärkt die Glaubwürdigkeit des Restaurants.
Sich selbst ein Bild vor Ort machen
Sind erst mal passende Partner gefunden, bei denen von der Geschichte des Betriebes über die Haltungsbedingungen bis hin zum Geschmack der Waren alles passt, sollten Gastronomen klare Absprache mit ihnen treffen und für beide Seiten zufriedenstellende Lieferbedingungen vereinbaren. Das ist wichtig, um eine Zuverlässigkeit gewährleisten zu können.
Schweizer RAUS- und BTS-Systeme für erhöhte Tierwohl bekannt
Beim Blick zu den Schweizer Nachbarn wird häufig das erhöhte Tierwohl nach RAUS- oder BTS-System gelobt. Doch was steckt eigentlich dahinter?
BTS steht für Besonders Tierfreundliche Stallhaltungssysteme, während RAUS für Regelmässiger Auslauf im Freien steht. Beide Systeme sind löblich, sie alleine tragen aber nicht automatisch zu mehr Tierwohl in artgerechter Haltung bei.
Das BTS-Programm für artgerechtere Tierhaltung
Beim BTS-Programm müssen teilnehmende Landwirte den Tieren arttypische Bereiche im Stall zur Verfügung stellen. Man spricht dabei von einem Mehrflächenhaltungsystem, bei dem der Stall in verschiedene Funktionsbereiche aufgeteilt wird, nämlich in einen Liege-, Lauf- und Fressbereich. Hierdurch sollen die Tiere sich natürlicher bewegen und zwischen Ruhe, Bewegung, Beschäftigung und Fressen selbstbestimmt wechseln können. Zudem ist vorgeschrieben, dass die Liegeflächen mit Strohmatratzen oder weichen Liegematten ausgestattet sein müssen, während in rein konventionellen Ställen Gummimatten ausreichen.
Ein Beispiel: Bei der Putenhaltung stellen Landwirte den Tieren nach BTS unter anderem erhöhte Sitzflächen für die Nacht zur Verfügung, da dies dem natürlichen Verhalten der Puten in freier Wildbahn entspräche.
Was allerdings die Größe der Liege- und Auslaufflächen betrifft, gelten dieselben Mindestanforderungen wie bei der rein konventionellen Haltung. Nach BTS stehen den Tieren also eine bessere Raumteilung und bequemere Liegeflächen zur Verfügung, sie haben aber noch immer kein Recht auf Auslauf oder eine größere Bewegungsfläche.
Das RAUS-System für mehr Auslauf und Weidezeiten
Landwirtschaftliche Betriebe, die am RAUS Programm teilnehmen, müssen gewährleisten, dass den Tieren insgesamt mehr Fläche zur Verfügung steht und dass sie anteilig im Freiland gehalten werden. Die Mindestanforderung nach RAUS ist der permanente Zugang zu einem Laufhof mit Außenklima. Während der Zeit im Stall ist allerdings auch in der RAUS-Haltung ebenso wie bei konventioneller Haltung eine Anbindung von Kühe im Stall gestattet. Nach Aussagen diverser Tierschutzrechtler schränkt das die Bewegungsfreiheit der Tiere massiv ein und kann zu Haltungsschäden, Infektionen in Folge mangelnder Körperhygiene sowie Liegewunden führen.
Da geht noch mehr!
Die Bestrebungen der BTS- und RAUS-Systeme sind durchaus ein erster Schritt in die richtige Richtung und werden staatlich gefördert, Landwirte können für mehr Tierwohl und eine artgerechte Haltung allerdings noch viel mehr tun. Es ist am Gastronomen, für dich zu entschieden, welche Mindestanforderungen die Partnerhöfe erfüllen sollten, damit die hier produzierten Lebensmittel ihren Ansprüchen genügen. Und in diesem Punkt wird deutlich, welche Macht die lebensmittelverarbeitende Branche auf den Markt ausüben kann. Wir haben es in der Hand, das System mit zu verändern!