Putenhaltung nach Schweizer BTS-System
Ein Beitrag von Transgourmet Ursprung
Einen Hof, auf dem Puten gehalten werden, stellt man sich irgendwie anders vor… Größer und „industrieller“ vor allem. Auf dem schönen, traditionellen Hof von Georg Kirchmaier im oberbayerischen Maitenbeth sieht das anders aus: Wohnhaus, Stall, ein kleiner Gemüsegarten und eine riesige wunderschöne Linde. 1516 wurde die Hofstelle zum ersten Mal urkundlich erwähnt.
Georg hat den Hof 2015 von seinen Eltern übernommen. Damaliger Betriebsschwerpunkt war Milchvieh in Anbindehaltung. Er stand vor der Entscheidung, den Milchviehbestand deutlich aufzustocken, um wirtschaftlich zu bleiben, oder eine Alternative zu finden. Die Alternative zeigte sich in Form der Schweizer Bell-Gruppe, die in Deutschland Putenhalter suchte, die bereit waren, nach Vorgaben des sogenannten Schweizer BTS-Systems zu produzieren.
BTS steht für „besonders tierfreundliche Stallhaltung“. „Damals haben die noch händeringend entsprechende Betriebe gesucht, heute gibt es eine Warteschlange mit Putenhalter-Kollegen, die auch gerne auf BTS-System umstellen möchten.“ Der Hype hat einen Grund. Die Tiere in dem tierfreundlichen Stall sind sehr gesund und vital und – wie Georg sagt – „die Tiere danken es dir mit guter Leistung“. Der Hof der Kirchmaiers ist einer von sieben Betrieben, die aktuell für die Transgourmet Ursprung Deutsche Strohputen produzieren.
Typisch für die Strohputen sind ihr rot-blauer Kopf und die Stirnzapfen Letzteres ist ein wichtiges Balzsignal. „So wie bei den jungen Burschen, die sich Gel in die Haare schmieren“, sagt Putenzüchter Georg und schmunzelt.
Wintergarten mit Alpenblick
Der sogenannte Wintergarten der Puten muss laut Verordnung 20 Prozent der Stallfläche betragen und ist nach außen hin nur mit einer niedrigen Mauer und einem Drahtgitter verschlossen. Innerhalb des Stalls befinden sich gerade ziemlich viele Strohputen und beobachten die Besucher sehr neugierig. „Die sind richtige Sonnenanbeter und lieben den Wintergarten“, sagt Georg.
Sein Stall hat dazu eine Besonderheit, die nichts mit dem BTS-System zu tun hat, sondern einen ganz pragmatischen Grund: „Der alte Rinderstall war so hoch, dass wir dort gleich zwei Stockwerke für die Puten eingebaut haben.“ Und so schauen die Puten nicht nur aus dem „Erdgeschoss“, sondern auch aus dem „ersten Stock“. Wegen des fantastischen Ausblicks – „bei schönem Wetter kannst bis zur Alpenkette schauen“ – wurde Georg schon öfter gefragt, ob er nicht noch eine Wohnetage auf den Stall bauen könne, um diese zu vermieten.
Erhöhte Sitzflächen für die Nacht
Beim Betreten des Stalls fällt vor allem die sehr saubere Luft auf. Es riecht nach Stroh und kaum nach Tier. Der Stall ist groß und bietet pro Tier 60 Prozent mehr Platz als herkömmliche Ställe – dabei ist der Wintergarten noch nicht eingerechnet. Der Boden ist dick eingestreut. Das Stroh ist trocken und an den Sauberkeit der Tiere erkennt man die guten Haltungsbedingungen auf den ersten Blick. Das Stroh für die Puten wächst in unmittelbarer Nachbarschaft in Form von Braugerste und Weizen auf den eigenen Feldern.
Ein weiteres wichtiges Element im BTS-System sind die erhöhten Sitzflächen, die sich an der gesamten Wand des Stalls entlang ziehen. Puten würden als Steppentiere in der Natur nachts Bäume zum Schlafen aufsuchen. Deshalb ist dieses „Aufbaumen“, wie die Fachleute sagen, ein natürlicher Trieb der Tiere. Georg erzählt uns, dass er anfangs Sorge hatte, dass sich die zum Ende der Mast doch stattlich großen Tiere beim Herabspringen von den Sitzflächen verletzen könnten. Aber er habe die Erfahrung gemacht, dass das Gegenteil der Fall sei. Durch das Aufspringen und Abspringen vom ersten Tag der Einstallung an seien die Tiere sehr trainiert und Beinverletzungen kämen deutlich seltener vor als in der herkömmlichen Putenhaltung. Zusätzlich stehen den Puten Strohballen zum Picken und ebenfalls zum erhöhten Sitzen zur Verfügung. Gefüttert werden Putenmischfutter und etwa 20 Prozent Weizen aus eigenem Anbau.
Waldpute trägt „best“-Siegel
Nicht nur die Haltungsbedingungen machen einen guten Eindruck, auch die Tiere selbst zeigen, wie gut es ihnen geht. Sie sind sozusagen „distanziert neugierig“. Läuft man gemächlich durch den gesamten Stall, gehen die Tiere sofort zur Seite, um sich dann alle wieder zu sammeln und Besuchern neugierig nachzulaufen. Ab und zu ertönt das klassische Putengegacker, das ein bisschen so klingt, als würden die Tiere über einen lachen.